Leerstelle in der Selbstverwaltung beruflich Pflegender in Schleswig-Holstein: Politik ohne Perspektive

Der jetzt vorliegende Jahres- und Abschlussbericht der Pflegeberufekammer Schleswig-Holstein belegt, was beruflich Pflegende durch das Kammer-Aus verlieren: Autonomie, politische Mitsprache, Regelungsbefugnisse zur Berufsordnung und zu Weiterbildungsverordnungen sowie die Augenhöhe zu anderen Berufsgruppen im Gesundheitswesen in Form einer Selbstverwaltung. Politik, Krankenkassen, Verbände und Einrichtungen verlieren ihre Ansprechpartnerin und die politisch Verantwortlichen lassen kein Konzept erkennen, weder zur Ergebnissicherung noch dazu, wer künftig welche Aufgaben übernimmt.

 

„Da ist zum Beispiel die fast fertige Berufsordnung. Hier wurde zum ersten Mal eine solche Ordnung von Pflegenden für Pflegende erstellt“, sagt Swantje Seismann-Petersen, stellvertretende Vorsitzende des DBfK Nordwest. „Sie hätte dringend fertiggestellt und verabschiedet werden müssen, damit beruflich Pflegenden ein Instrument zur Verfügung gestanden hätte, auf das sie sich bei ethisch-rechtlichen Fragestellungen hätten berufen können. Weil die Arbeitsbedingungen zum Teil unhaltbar sind, wäre es wichtig gewesen, hier den Rahmen beruflichen Handelns klar zu stecken.“

Offene Fragen stellen sich in diesem Zusammenhang auch beim Thema Delegation. Die Übertragung heilkundlicher Aufgaben findet im Arbeitsalltag regelmäßig statt, sie ist aber weitgehend ungeregelt. Hier sollte ein vom Ausschuss für Berufsfeldentwicklung auf den Weg gebrachtes Delegationsschema ebenfalls für Handlungssicherheit sorgen.

Vom Bildungsausschuss der Kammer wurden eine Rahmenweiterbildungsordnung sowie ein Konzept zur Weiterbildung der hochkomplexen Kinderkrankenpflege – deutschlandweit einmalig – entwickelt. Auch diese müssten nun fertiggestellt und verabschiedet werden, betont Seismann-Petersen: „Die Landesregierung bietet für die Implementierung dieser wichtigen Ordnungen keinerlei Perspektiven. Eine Weiterentwicklung der Profession ist offenbar nicht gewollt. Die Verantwortlichen der Politik lassen jegliche Wertschätzung bezüglich der erbrachten Arbeit der Kammer vermissen.“

Unklare Perspektiven gibt es auch im Hinblick auf die Digitalisierung. Erstmals saßen mit der Pflegeberufekammer Schleswig-Holstein und der Bundespflegekammer Vertreter:innen der beruflichen Pflege im Pflegebeirat der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, um dort an der Entwicklung der elektronischen Patientenakte (ePA) mitzuwirken. Auch auf Landesebene gibt es im Zusammenhang mit der Einführung der ePA und dem elektronischen Heilberufeausweis noch erheblichen Regelungsbedarf. Wer hier das Wissen und die Perspektive der beruflich Pflegenden einbringt, ist ohne Kammer ungeklärt – ebenso, welche Institution die Qualifikationsvoraussetzungen zur Herausgabe und Nutzung der elektronischen Heilberufeausweise überprüfen soll.

„Es ist beeindruckend, den Leistungskatalog der Kammer zu lesen. Da ist unglaublich viel in sehr kurzer Zeit auf den Weg gebracht worden, wofür wir auch den Unterstützer:innen aus dem Haupt- und Ehrenamt unseres Verbandes sehr herzlich danken“, betont Seismann-Petersen. „Umso bedrückender ist es, die nun entstandenen Leerstellen zu sichten. Wer soll denn zukünftig legitimiert die Perspektive der Pflegenden einbringen? So wird die größte Berufsgruppe, die in den Krankenhäusern des Landes arbeitet, ohne Sitz und Stimme im Landeskrankenhausausschuss bei der künftigen Krankenhausbehandlung nicht mehr mitreden können. Das gilt genauso für die Landesarbeitsgemeinschaft für Einrichtungsübergreifende Qualitätssicherung (LAG EQSH) und den Landespflegeausschuss. Wir fordern die politisch Verantwortlichen in Schleswig-Holstein auf, wenigstens in diesen entscheidenden Gremien eine Vertretung der beruflichen Pflege sicherzustellen und diese entsprechend in den Landesgesetzen zu verankern.“

Jahres- und Abschlussbericht der Pflegeberufekammer Schleswig-Holstein

 

Quelle: Pressemitteilung DBfK Nordwest e. V.

Zurück