Das Kammer-Aus in Schleswig-Holstein produziert nur Verlierer. In der Politik, und erst recht in der beruflichen Pflege

Der Gesetzesentwurf zur Auflösung der Pflegeberufekammer Schleswig-Holstein liegt vor, ebenso die begleitenden Pressemitteilungen der Regierungsparteien CDU und FDP, in denen sie beflissen betonen, den Willen der Berufsgruppe schnellstmöglich in die Tat umsetzen wollen. Dementsprechend erfolgt die 1. Lesung am 19. Mai 2021 im Landtag mit Überweisung an den Sozialausschuss am Folgetag.

„Die Landesregierung und insbesondere CDU und FDP machen in ihren Pressemitteilungen deutlich, dass es ihnen nie um die Inhalte der Kammerarbeit, nicht um die bestmögliche pflegerische Versorgung der Bevölkerung und schon gar nicht um die Aufwertung oder Weiterentwicklung des Pflegeberufs gegangen ist“, betont Swantje Seismann-Petersen, stellvertretende Vorsitzende des DBfK Nordwest. „Sie tragen ihre Machtkämpfe mit der SPD auf dem Rücken einer gespaltenen Berufsgruppe aus und suchen einen Sündenbock, dem sie die Verantwortung für die Kosten der Kammerabwicklung in die Schuhe schieben können. Wenn die Landesregierung verantwortungsvoll hinter der Kammer gestanden, ihre Arbeit wertgeschätzt und die Bedeutung für die Zukunft erkannt hätte, dann müsste sie sich nicht mit den Kosten der Auflösung beschäftigen. Hätte sie die in Rede stehenden zehn Millionen Euro in die Hand genommen, um in die Kammer und ihre Etablierung zu investieren, stünden wir alle jetzt nicht vor einem Scherbenhaufen.“

Neben der Suche nach Verantwortlichen betreibt die Regierung offensichtlich auch Rosinenpickerei: Das Land Schleswig-Holstein darf dem Gesetzesentwurf zufolge nämlich auch nach Auflösung der Pflegeberufekammer Daten der dann ehemaligen Mitglieder für statistische Zwecke verarbeiten. Den offenbar als wertvoll erachteten Datenschatz, den sich das Land jetzt aneignet, hat die Kammer mit viel Arbeitsaufwand und Gegenwind erhoben.

Erhalten will die Landesregierung auch die Fortbildungspflicht, die künftig das Sozialministerium regelt. Wie genau das aussehen soll, bleibt nebulös, wohl mit gutem Grund: (1) Die Fortbildungspflicht ist eines der Argumente der Kammergegner gewesen. (2) Das Land hat ohne die weitere Registrierung beruflich Pflegender keine Möglichkeit, die Einhaltung dieser Verpflichtung individuell zu überprüfen. (3) Der Aufbau eines pflegewissenschaftlichen, pädagogisch fundierten Fortbildungskonzepts für einen Heilberuf gehört in die Hände von Expert/innen und nicht von Verwaltungsmitarbeiter/innen.

Nicht restlos geklärt sind die Rechtsnachfolge und die finanzielle Situation. Insgesamt stehen höchstens fünf Millionen Euro für die Abwicklung zur Verfügung, die übrigen Kosten müssen von der Kammer getragen werden. Beitragsbescheide für das Jahr 2020 bleiben gültig und müssen auch beglichen werden, für 2021 werden allerdings keine Beiträge mehr erhoben. Bis spätestens Ende dieses Jahres soll abgewickelt werden, und dabei könnten auch die Mitarbeitenden der Geschäftsstelle auf der Strecke bleiben. Sie werden zwar bei der Bewerbung auf Stellen des Landes anderen Beschäftigten aus der Landesverwaltung gleichgestellt, haben aber keinen Anspruch auf eine Übernahme. Die Fortführung der wertvollen Arbeit z.B. der Ethikkommission der Kammer oder verschiedener Projekte zur Weiterentwicklung des Pflegeberufs bleibt ebenso unklar.

„Was uns als Berufsverband wirklich bedrückt“, sagt Swantje Seismann-Petersen, „ist die Tatsache, dass so viele beruflich Pflegende, aber auch die Verantwortlichen in der Politik nicht verstanden haben, dass sie am Ende nur Verlierer aus diesem Politgeschacher herausgehen können. Wir stehen vor der herkulischen Aufgabe, die pflegerische Versorgung der Bevölkerung Schleswig-Holsteins für die Zukunft zu sichern, und wir sehen nach dem Kammer-Aus niemanden, der dieser Aufgabe gerecht werden kann. Wir als Verband werden jedenfalls alles tun, was wir können, um die drohende berufspolitische Leerstelle in Schleswig-Holstein zu füllen.“

Quelle: DBfK Nordwest e.V.

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